Theorie: Über die Bedeutung rechnergestützten Lernens
Kurz einige Bemerkungen über die
Bedeutung rechnergestützten Unterrichtens, um einer Sagenbildung
angesichts der in manchen Bereichen bereits eklatanten Bildungsmisere
vorzubeugen.
Es lassen sich aus meiner Sicht vier Dimensionen der Lernens
unterscheiden, die öffentliche Schule, das ist ihre ureigene Aufgabe, zu
durchstreifen hat.
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Die spirituelle Dimension |
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Die reale Dimension |
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Die theoretische Dimension |
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Die virtuelle Dimension |
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Jede Dimension bildet ihren eigenen Fokus, der von anderen
unterscheidbar ist und auf andere verweist. Fehlt eine Dimension, wird
extrem unter- oder überbewertet, verliert das „Haus des Lernens“ seine
idealen Proportionen.
Wollen wir zum Beispiel lernen, ein Haus zu bauen – in einem umfassenden
Sinne – dann müssten mauern wir üben (reale Dimension), mittels
abstrakter Formeln die Statik ermitteln (theoretische Dimension), ein
Modell bauen und die mögliche Wirkung erkunden(virtuelle Dimension) und
wir werden über den „Sinn“ des Hauses reflektieren (spirituelle
Dimension)
Der vernetzte Computer stellt ein Instrument dar, dass die virtuelle
Dimension in revolutionärer Weise verändert und somit unabweislich eine
Neukonzeption des Gesamtgebäudes erforderlich macht. Eine solche
Neuorientierung verlangt bei allen Beteiligten Umdenken, stellt
herkömmliche Pädagogik und Didaktik in Frage.
Falls dies nicht gelingt, bleibt nur die allseits äußerst beliebte,
allerdings ziemlich unfruchtbare Schuldzuweisungsdebatte. Die jüngst
breit kolportierte Duisburger Dachdeckergesellenprüfung, bei der alle
Prüflinge durchfielen, beleuchtet dies eindrucksvoll.
Zitat des Obermeisters: ein Lehrling konnte nicht einmal eine Dachlatte
annageln, ein anderer nicht ohne Taschenrechner m² in mm² umwandeln,
aber ihr Handy bedienen und SMS verschicken, das können sie alle. Und
ein Schüler: die haben uns nichts beigebracht, was uns interessiert.
Wenn Schule die virtuelle Lerndimension glaubwürdig und anerkannt
integriert, dient das auch den anderen, unbedingt Notwendigen , eher als
Aufwertung denn als Verdrängung.
Die verschiedenen Lerndimensionen benötigen eine gewisse, gemeinsam
akzeptierte Harmonik und Rhythmik zueinander, um Lernen mit Spaß und
Ernst förderlich zu sein, sonst gerät Schule zu einer Art
Kriegsschauplatz, wo sich „zuviel verlangende“ Lehrer und „zuwenig
bringende“ Schüler einen sinnlosen Machtkampf liefern.
Die enorme Ausweitung der technischen Möglichkeiten in der virtuellen
Lerndimension bedeutet somit keineswegs ein Zurückstecken der anderen
Dimensionen, eher das Gegenteil.
Umgekehrt aber würde die Ausklammerung zu einer ebenfalls sehr
ungesunden Lebensferne beitragen. Informationsrecherche, Simulation,
multimediale Präsentation und virtuelle Kommunikation ermöglichen gerade
auch sehr spannende Übergänge zwischen rein praktischen und rein
theoretischen Übungen, die sie allerdings keinesfalls ersetzen können
und spätestens seit dem 11.9. sollten wir begreifen, dass auch eine
Unterbewertung des spirituellen schwerwiegende Nachteile mit sich
bringen kann.
Aug.2001